Von Unenbaatar Sugar, Wien

1. Eine nachhaltige Unternehmensidee

Im 21. Jh. wird der Mensch immer natur- und umweltbewusster, und Nachhaltigkeit tritt in westlichen Ländern immer stärker ins Bewusstsein der Menschen. Das betrifft nicht nur die junge Generation oder die „Millenials“, sondern besonders die kaufkräftige Schicht im mittleren oder reiferen Alter der 30- bis 60-Jährigen. Gleichzeitig werden auch andere Faktoren, etwa „Fair Trade“ u.a., für eine wachsende Käuferschicht immer wichtiger. Ein Trend von billigen Produkten, die eine „Wegwerfgesellschaft“ goutiert, hin zu weniger, aber dafür qualitativ höherwertigen Produkten ist im Gang, und länger haltbar sind nun einmal Naturwollprodukte. Vor allem Kaschmir wurde in den letzten Jahren immer beliebter und einer breiteren Käuferschicht auch zugänglicher. 

Naturwollprodukte haben viele Vorteile gegenüber synthetischen Fasern. Ihre Verarbeitung belastet die Umwelt nicht, ihre Produkte sind nachhaltig, vor allem aber sind sie für die Träger gesünder, allein schon wegen ihrer Hautverträglichkeit und der Atmungsaktivität. Und die Mongolei bietet aufgrund ihres seltenen und einzigartigen extrem-kontinentalen Klimas (sommers +40°C, winters oft bis zu -50°C) die idealen Voraussetzungen für die Erzeugung vieler widerstandsfähiger, warmer und auch die Feuchtigkeit speichernder Wollsorten. Übrigens brauchen Kaschmirziegen Weideland über 2000 m Seehöhe, weshalb die Mongolei heute neben China der zweitgrößte Produzent von Kaschmirwolle ist. 

Mongolischer Kaschmir ist bekannt als der dünnste und somit weichste der Welt. Nur die langen und strengen mongolischen Winter, mit Temperaturen von bis zu -40 C, führen dazu, dass sich das besonders feine Unterfell der mongolischen Kaschmirziege voll entwickelt. Auch die Yakwolle, ebenfalls durch das mongolische Klima begünstigt, zählt zu den weichsten und feinsten der Welt und wird somit auch dem gehobenen „Luxussegment“ zugeschrieben. Bei der Kamelwolle ist besonders das „Baby Hair“, die feinhaarige Wolle der Jungtiere, im oberen Segment beliebt. Einige exportieren den teuren Kaschmir oder andere teure Wolle und mischen diese mit billigerer Wolle. Wir konzentrieren uns besser auf die qualitativ hochwertigen und reinen Kaschmir-, Yak-, Kamel- und Schafwollprodukte. 

Die Hauptkunden sind heute Angehörige des „Lifestyle‘s of  Health and Sustainability“ – im Fachjargon „LOHAS“ genannt – für die edle Wollprodukte genau ihren Werten entsprechen: Nachhaltigkeit, Gesundheit, Bewegungsfreude, Natur und dem Verlangen nach „Green Luxury“.  In Österreich machen die LOHAS etwa 20% der Bevölkerung aus, d.s. rund 1,7 Millionen Menschen, die überwiegende Mehrheit davon mit Wohnsitz in Österreichs Ballungszentren. Typischerweise besitzen 30- bis 70-jährige LOHAS auch eine leicht überdurchschnittliche Kaufkraft. Auch besonders viele positiv gegenüber Umwelt, Nachhaltigkeit und Marktfairness eingestellte jüngere Käufer mit durchschnittlicher Kaufkraft sind bereit, „etwas mehr“ für hochwertige, langlebige und umweltschonende Produkte auszugeben. 

2. Naturwolle und ihre Eigenschaften   

Jedes Tier besitzt Wolle mit eigenen und besonderen Eigenschaften. Aus diesem Naturprodukt werden auch in der Mongolei verschiedenste Kleidungsstücke und Teppiche hergestellt. Naturwollprodukte haben zu jeder Jahreszeit angepasste thermo-regulierende Eigenschaften. Zum Weidewechsel übersiedeln mongolische Nomaden in vier Jahreszeiten von und nach bestimmten Orten, je nach dem Zustand des Grünlands als Futterlieferant und auch, damit die Natur sich für das nächste Jahr erholen kann. Jeden Frühling verliert das Vieh seine Wolle, und der Nomade „erntet“ sie zwischen Mai und Juni mit Kamm und Schere. Dieser nachwachsende natürliche Rohstoff wird sorgfältig aussortiert und verarbeitet. Die Vorteile, welche Wolle im Gegensatz zu Kunstfasern besitzt, sind vielfältig und werden häufig unterschätzt, bzw. auch von Konsumenten oft nicht in Erwägung gezogen. Außerdem ist längst bekannt, dass synthetische Fasern bei der Produktion und im Gebrauch (durch Waschen in der Waschmaschine) Abwässer verschmutzen und so immer mehr Wasserlebewesen (Tiere, Pflanzen) gefährdet werden. 

Die positiven Eigenschaften, die Naturwolle gegenüber Synthetikfasern auszeichnen, sind folgende:  

  • Hochwertige Wolle ist meist um einiges weicher als Kunstfaser und daher auch sanfter zur Haut.
  • Im Gegensatz zu Synthetik atmet Wolle, sie staut die Wärme nicht und bildet ein angenehmes körpernahes Klima, denn sie sorgt für natürliche Thermoregulation. Die Wolloberfläche stößt Wasser ab, doch im Faserinneren nimmt Wolle Wasser auf. Dies kann bis zu 33% des Trockengewichts der Wolle betragen, ohne dass sie sich feucht anfühlt. Zudem leitet sie die Feuchtigkeit wesentlich schneller ab, als etwa die vielverwendete Baumwolle. Da Wollwaren im „Gesamtvolumen“ bis zu 85% aus Luft bestehen, sind sie gute Wärmeisolatoren, und die Körperwärme entweicht nur gering. Umgangssprachlich „wärmt“ Wolle gut, obwohl sie selbst eigentlich nur die Wärmestrahlung des Körpers reflektiert. 
  • Wolle ist pflegeleichter, als man denkt. Da edle Wollsorten von Natur aus leicht schmutz- und geruchsabweisend sind, wäscht man sie weniger oft, als synthetische Produkte.  Wolle nimmt – im Gegensatz zu Kunstfasern – weniger leicht Gerüche an (z.B. von Schweiß), und sie hat eine natürliche Selbstreinigungsfunktion. 
  • Selbst im feuchten Zustand hält die Wolle noch warm. Die Oberfläche der Wollfaser hat eine dachziegelartige, wärmedämmende Schuppenstruktur. Dadurch können unterschiedlich gerichtete Wollfasern sich verhaken und verfilzen. 
  • Wolle ist schwer entflammbar, brennt nicht, sondern verkohlt nur. Für technische Anwendungen eignet sich insbesondere Wolle vom Schaf als antistatisches und schwer entflammbares Material, z.B. als Teppich in Haus und Gebäude, in den Sitzen von Autos und Flugzeugen, oder als Dämmstoff.
  • Wolle neutralisiert positive Ionen, die den menschlichen Organismus stören können. Auswirkungen sind Müdigkeit, Muskelschmerzen oder übermäßige Erregbarkeit. Wolle eliminiert die positive Ionisierung und ersetzt sie durch eine negative, die der Natur des menschlichen Körpers entspricht. Auch diese Eigenschaft spricht dafür, natürlichen Wollprodukten der Vorzug zu geben. 
  • Wollmaterial enthält Lanolin, ein natürliches, leichtes Fett aus den Hautdrüsen der Tiere, vor allem in der Schafwolle. Lanolin wirkt gegen Rheuma, erweitert die Poren der Haut, ermöglicht eine gute Atmung der gesamten Körperoberfläche, verbessert den Blutkreislauf unter der Haut und verlangsamt ihren Alterungsprozess. Das Lanolin schützt auch das Tierhaar vor Verschmutzung, denn der Schmutz sammelt sich nur an der Oberfläche, in tieferen Lagen bleibt die Wolle sauber.
  • Ihre Elastizität bringt die Wollfaser nach Streckung oder Kompression zu ihrer ursprünglichen Länge zurück, was daraus gefertigter Kleidung so die Fähigkeit gibt, die Passform zu bewahren, schön zu fallen und nicht so leicht einzugehen. Wolle, die während der Tuchherstellung gestreckt wurde, kehrt allerdings beim Waschen zur ursprünglichen Faserlänge zurück. 
  • Die geringe Dichte von Wolle erlaubt auch die Produktion sehr leichter Stoffe.
  • Wolle nimmt Farbe sehr leicht auf. 

3. Rohstoff-Ressourcen an mongolischer Wolle 

Nomadische Viehzucht ist eine naturangepasste Wirtschaftsform und Haupteinnahme der mongolischen Nomaden. Seit Jahrtausenden züchten sie in freier Natur fünf verschiedene Vieharten, derzeit sind es insgesamt über 60 Mill. Tiere. Neben der Wolle sind auch Fleisch, Milch und Leder wichtige Einnahmequellen.

Vieharten (2020)Wollarten (2018) in t
Pferde4,093.900
Rinder4,732.090
Yaks500.000150
Kamele472.9901.400
Schafe30,049.49033.632
Ziegen27,720.30010.944
Insgesamt67,568.77046.128
Tabelle 1: Aktuelle Viehzahlen und Wollmengen in der Mongolei

Quelle: https://1212.тn

Die globale Jahresproduktion an Textilien beträgt an die 100 Millionen t. Unter den natürlichen Rohstoffen ist die Baumwolle mit über 26 Mill. t pro Jahr der wichtigste, aus Indien und China (weltweit die größten Baumwollproduzenten) kommen jeweils 6,2 Mill. t. Weiters werden (laut FAO 2009) weltweit jährlich rund 2,2 Mill. t tierische Wollfasern produziert, die meisten in Australien, China, Neuseeland, Argentinien, Indien, Großbritannien und Nordirland. Nur 0,5% der Wollerzeugung entfallen auf die feinste Sorte, nämlich den Kaschmir.  

Und wo steht hier die Mongolei? Ihre Jahresproduktion von 40.000-50.000 t an Wollfasern insgesamt beträgt lediglich 2-3% der Welterzeugung, dagegen beträgt der Anteil der mongolischen Kaschmirproduktion mit 11.000 von geschätzten 27.000 t weltweit etwa 40%. Der Beitrag Chinas wird auf 13.600 t (oder 52%) geschätzt, die restlichen 8% stammen aus anderen Ländern. 

4. Die Kaschmirwirtschaft der Mongolei 

4.1 Was ist mongolischer Kaschmir

Mongolischer Kaschmir ist die weltweit feinste und somit weichste dieser Wollsorte. Seine Qualität wird einerseits definiert durch die Feinheit der Ziegenhaare, denn die Qualität des Kaschmirs entsteht über den Weg strenger Auslese der besten Ziegenhaare, eben der längsten und feinsten. Nur mit diesem Material können so feine Fäden gesponnen werden, dass sie die ganze Qualität dieser Wolle wiedergeben. Für die beste Qualität müssen daher normalerweise rund 60% der von der kleinen Ziege erzeugten Haare aussortiert werden; geringere Qualitäten haben weniger Verluste. 

Der Name des Kaschmirs ist von der gleichnamigen Region in Indien abgeleitet. Die dort beheimatete Tiergattung der Kaschmirziegen mit ihren etwa 20 Rassen kommt in den Farbschlägen Weiß, Grau, Braun oder Schwarz vor. Diese Unterart der Wollziegen zählt zur Familie der Hausziegen. Über 27 Millionen Kaschmirziegen werden in der Mongolei gehalten, die damit eines der wichtigsten Kaschmir-Erzeugerländer der Welt ist. Mongolische Kaschmirwolle hat die längsten Fasern (9-14 cm) und auch die feinsten (unter 14 Mikrometer Dicke), weshalb sie auch die teuerste Wolle ist. Seit ungefähr 3000 Jahren wird Kaschmirwolle handwerklich zu Textilien verarbeitet. 

4.2 Kaschmirgewinnung und -verarbeitung 

Seit Jahrtausenden ist die Zucht von Ziegen und Schafen gleich und geschieht bis heute in der freien Natur der Mongolei. Ziegen und Schafe sind überall verbreitet, von der Steppe bis ins Hohe Altai-Gebirge, von der Wüste Gobi bis in die Taiga, jedoch nach Landschaften unterschiedlich kann die jeweilige Zuchmethode sein. Die Seehöhe der Region, die Vegetation, die Klimaverhältnisse erfordern dies, und die Nomaden führen die an die Landschaften angepassten Zucht- und Haltungsmethoden traditionell weiter. Auch die Tiere haben sich an Landschaft und Klima angepasst, Steppenziegen und Gebirgsziegen haben unterschiedliche Umweltansprüche, eine Ziege aus der Gobi hat keine Chance, in der Taiga zu überleben. 

In Sommer bringt der Nomade zur Mittags- oder Nachmittagszeit die Herde zum Ail, um sie zu melken, danach treibt er sie wieder zur Weide und am Abend wieder zurück. Wenn in der Gegend Raubtiere streifen (Wolf oder Schneeleopard), hält er die Tiere bis zum Morgen im Pferch. Wenn keine Gefahr droht, bleibt die Herde über Nacht in der Umgebung des Gers. Der Nomade kennt keine Mast, kein Kraftfutter, keine chemische Wachstums- oder Leistungsförderung. 

In den Monaten April und Mai erfolgt die Kaschmirgewinnung, zu der sich der Nomade Zeit lässt und dabei auf die Erfordernisse der Tiere Rücksicht nimmt. Zuerst beginnen die größeren, erwachsenen Tiere und auch Ziegenböcke, die Wolle zu verlieren. Der Nomade beobachtet genau, welche Tiere lockere Wolle haben, die  zuerst ausgekämmt werden muss, bevor sie verloren wird. 

Kaschmirziegenherde am Rand der Ostgobi, nahe der chinesischen Grenze südlich von Sajnshand, beim Aufbruch aus dem Winterquartier auf die Frühjahrsweide. Foto © F. Greif, Mai 2013.

Bei der Gewinnung von Kaschmirwolle können freilich Tiere leiden, doch sollte das eigentlich die Ausnahme sein. Die Umstände sind allerdings auch oft schwierig: 

  • Man muss sich vorstellen, dass eine Familie mit zumeist 2 bis 4 Erwachsenen im Frühjahr 200 bis 500 Ziegen, ja manchmal bis zu 1000 Ziegen auszukämmen hat. Wenn alle Tiere gleichzeitig die Wolle verlieren, fliegt dieses wertvolle Produkt überall durch die Gegend. Diese Jahreszeit ist in der Mongolei überdies unbeständig, windig, stürmisch, Regen und auch Schneefall bis Anfang Juni sind keine Seltenheit. Und natürlich will kein Nomade das einzige große Einkommen über Weide und Steppe davonfliegen lassen. Traditionell sucht er in solchen Situationen Aushilfe in Form von Fremden, die für Geld arbeiten. Und diese wiederum wollen schnell von Herde zu Herde kommen, um mehr zu verdienen, was mit der Schnelligkeit der Arbeitserledigung auch die Gewalt gegen die Tiere fördert.
  • Chrakteristisch ist aber auch, dass Ziegen sehr jammervolle Tiere sein können, die sehr laut schreien, ganz besonders die jungen, wenn sie zum ersten Mal ausgekämmt werden – sie schreien dabei wie Sirenen, auch wenn sie gar nicht berührt werden. 
  • Für erwachsene und erfahrene Tiere dagegen ist das Auskämmen sichtlich eine angenehme Prozedur, die sie wie eine Massage und auch Pflege über sich ergehen lassen, weil dadurch die Folgen von Hitze und Nässe in unangenehmer, verfilzter Wolle gemildert werden. Diese wollen die Tiere ja los werden, und dabei scheuern sie ihr Fell an Felsen, Büschen und anderen Kanten, die sie finden. 

Zum Auskämmen wird ein grober Kamm verwendet, mit einem Abstand der Zähne von 5 bis 15 mm. Dieser Kamm erfasst nur lockere Wolle, das Haar selbst verbleibt beim Tier. Um die Haut  nicht zu verletzen, dürfen die Kammzähne nicht scharf sein. Manche unerfahrene Arbeiter wenden leider Gewalt oder die falsche Kämmtechnik an, kämmen in die falsche Richtung und nicht, wie „lege artis“ vom Hals beginnend bis zum Schwanz nur in einer Richtung. Ein zu feiner Kamm allerdings kann für das Tier Schmerz und Leid bedeuten, er reisst zudem zuviele Haare aus, die später erst noch aussortiert werden müssen, was Mehrkosten der Verarbeitung bedeutet.

Arbeitskapazitäten und Produktionszahlen der gewerblich-industriellen Betriebe zur  Kaschmirverarbeitung werden in der Mongolei statistisch festgehalten, u.a. von der Wirtschaftskammer in Ulaanbaatar. Demnach werden in der Mongolei im Mittel in einem Jahr zwischen 10.000 und 11.000 t Kashmirwolle gewonnen, die Hälfte davon ist gewaschener Kaschmir. 600 bis 700 t gekämmter und sortierter Rohstoff werden zu hochwertigen Textilien weitverarbeitet.1 Die Vermarktung dieser Rohstoffe bringen der Mongolei (2018) Einnahmen von 455 Mill. USD (Warenexport und Inlandsverkauf). 148 Mill. USD werden mit Fertigprodukten erwirtschaftet, d.s. 33% der Einnahmen insgesamt, somit entfallen auf Rohstoffe (Kaschmir gekämmt, gewaschen) 67% der Einkünfte. 

Offiziell exportiert die Mongolei fast 90% der Kaschmirerzeugnisse nach China. Das Land ist jedoch bestrebt, die Weiterverarbeitung und damit den Anteil von Fertigproduktion von Jahr zu Jahr zu steigern.2 An die 3.700 t Rohkaschmir verblieben jedoch als Reserve in den Betrieben, um Rohstoffmängel oder Notsituationen zu überbrücken. Manchmal sollen auch illegale Exporte (meist nach China) helfen, Probleme zu lösen.

4.3 Eigenschaften der Kaschmirwolle 

  • Kaschmirwolle ist ein besonders leichtes und weiches Material, es fühlt sich warm und weich auf der Haut an. Dadurch ergibt sich ein erstaunlich hoher Tragekomfort. 
  • Das Material passt sich den jeweiligen Temperaturen an. Im Winter hält es angenehm warm, und im Sommer schwitzt der Kaschmirträger dennoch nicht.
  • Kleidungsstücke aus Kaschmirwolle sind flexibel und finden schnell wieder zu ihrer ursprüngliche Länge und Form zurück. Kaschmir knittert auch nicht. 
  • Wolle nimmt kaum Gerüche auf; falls doch, werden sie schnell wieder abgegeben.

Echte Kaschmirprodukte sind zu 100% aus Kaschmirwolle. Ein Problem besteht nun darin, dass ca. 25% der am Markt verkauften Produkte nicht echt sind. Normalerweise werden maximal 3% an Fremdfaseranteilen toleriert, bei vielen Stücken aber ist der Anteil höher und wird falsch deklariert. Kaschmir wird als wertvolles Rohmaterial häufig exportiert und dann leider oft mit preislich günstigeren Natur- oder auch mit synthetischen Fasern vermischt und anschließend in Produkten minderer Qualität mit höherem Gewinn verkauft. Mongolische Kaschmirverarbeiter aber sind stolz darauf, dass alle ihre Produkte nur aus feinem, unverfälschtem Kaschmir hergestellt sind. 

4.4 Betriebliche Strukturen und Tätigkeiten

Eine schlagkräftige Kaschmirindustrie beruht in der Mongolei derzeit auf 15 großen Fabrikskomplexen, die auf Wollprodukte spezialisiert sind, darunter ganz besonders auf die Herstellung von Bekleidung aus Kaschmirwolle. Doch gibt es auch 23 quasi „vorgelagerte“  Betriebe, die auf die Vorverarbeitung der Rohwolle (Säubern, Sortieren, Waschen) spezialisiert sind. Es führen weitere Verarbeitungsstufen zu Grundprodukten (Strickmaterial, Garne), die in 59 Klein- und Mittelbetrieben weiter verwendet werden. 200 weitere, meist kleine Familienbetriebe produzieren verschiedene Kleinprodukte aus Wolle. Die einzige Teppichmanufaktur der Mongolei existiert in der Stadt Erdenet. 

Aus diesen Zahlen werden einerseits die großen Ressourcenmengen erkennbar, denen auf der anderen Seite recht wenig an Umsetzung in Produkte gegenübersteht. Das tatsächliche Potenzial der Mongolei in diesem Wirtschaftssegment ist zweifellos viel größer. In der Textilbranche werden insgesamt 10.000 Personen beschäftigt, davon sind 85% Frauen und 15% Männer. Der Anteil der Facharbeiter macht 72% aus, 18% der Arbeitskräfte haben einen anderen beruflichen Abschluss. Fast zwei Drittel der in der Textilindustrie Beschäftigten sind junge Menschen unter 35 Jahren.

Seit über 55 Jahren steht Österreich in bilateralen Beziehungen mit der Mongolei. Während der letzten Jahre stieg der Warenverkehr von (praktisch) 0 auf 13 Millionen Euro, wobei die Einfuhren aus der Mongolei lange Zeit hinter den Einfuhren aus Österreich in die Mongolei lagen. 
Nach der Wirtschaftskrise hat sich die Aussenhandelssituation der Mongolei verbessert. Neben den Bodenschätzen aus dem Bergbau werden sowohl für die mongolische Regierung als auch für die Firmen Produkte aus der Wollverarbeitung im Inland als Devisenbringer zunehmend interessanter. Auf internationaler Ebene ist die Zusammenarbeit mit Österreich für die Mongolei sehr wichtig. Der Vertrieb mongolischer Wollprodukte inkl. Wollteppiche auf dem österreichischen Markt ist jedenfalls wirtschaftlich ausbaufähig.  
Kennzahl200020102017
Wareneinfuhr aus der Mongolei (Mio. €)012
Anteil an Österreichs Importen insgesamt (%) 0,00,00,0
Warenausfuhr in die Mongolei (Mio. €)1311
Anteil an Österreichs Exporten insgesamt (%) 0,00,00,0
Außenhandelsbilanz (Mio. €)128
Quelle: Statistik Austria, WKO 
Tabelle 2: Österreichs Handel mit der Mongolei

5. Yakwolle

5.1 Herkunft der Yakwolle  

Das Yak ist eine wildlebende Rinderart, die in mehrere Rassen differenziert ist. Sie wurde in den zentralasiatischen Hochlandregionen schon im Neolithikum domestiziert, anfänglich vermutlich in Tibet und im Himalaja. Beheimatet ist diese Tierart auch in der Mongolei und in Süd-Sibirien und daher auf extreme (vor allem kalte) Witterung eingestellt, was am dichten und zotteligen Winterkleid deutlich wird. Die Yaks leben während ihrer Lebensphase in Höhen bis 4.000 m in Gruppen bis zu 200 Tieren zusammen. Die Gesamtzahl wird auf 13 Millionen Tiere geschätzt, die in domestizierten Herden weiden; wilde Yaks sind dagegen sehr selten geworden und gehören seit 1996 zu den bedrohten Tierarten. 

Durch die über Jahrtausende erworbene Anpassung an das extrem kontinentale Klima hat sich seine Wolle dreischichtig entwickelt. Nur die feinste Wolle der untersten Schichten wird in Textilen verarbeitet. Pro Rind gewinnen die Nomaden lediglich bis zu 500 Gramm der feinen Wolle. Man schätzt, dass in der Mongolei von den etwa 500.000 dort lebenden Tieren insgesamt 150 t Yakwolle gewonnen werden. Die  Wollgewinnung erfolgt in zwei Teilschritten: Im ersten Schritt werden die feinen Unterhaare sorgsam und mit viel Geduld ausgekämmt. Dieser Prozess ist „fast schon angenehm“ für die Tiere und dient dazu, sie vor einer zu frühen Schur zu schützen. Im zweiten Schritt werden die Yaks jedoch geschoren, und hier kann ungeschicktes oder grobes Vorgehen durchaus zu Verletzungen führen.

Das Yak-Rind besitzt ein farblich unterschiedliches Haarkleid aus mehreren Schichten. Man unterscheidet ein festes Deckhaar von 5-15 cm Länge, darunter eine grobe Wolle sowie ein feines Unterhaar auf allen Hautpartien, welches als Feinwolle versponnen wird. Letzteres macht bis zu 80% der Behaarung der Tiere aus. Fotos © S. Unenbaatar (Webseite) und Alfred Pehamberger (Juli 2006). 

5.2  Eigenschaften der Yakwolle 

Bei der Yakwolle sind die Fasern mit 16 bis 18 Mikron äußerst fein. Besonders das Unterhaar der Jungtiere steht für maximale Qualität. Damit eine Wollsorte zu den Edelwollen zählt, muss sie bestimmte Eigenschaften mitbringen, und die wichtigste davon sind feine Fasern, die möglichst filigran sind und unschönes Kratzen auf der Haut vermeiden. Neben dem angenehm weichen Tragekomfort bringt Yakwolle zahlreiche weitere Vorteile mit, die sie zu einem echten Verkaufsschlager machen: 

  • Sie wärmt selbst bei Temperaturen weit unter null.
  • Sie kann mehr als 30 Prozent ihres Eigengewichts an Feuchtigkeit aufnehmen – wird das Kleidungsstück feucht, merkt der Träger erst dann etwas davon, wenn es sich wirklich vollgesogen hat. 

Das Fell der Yaks ist mehrschichtig: 

  • die erste Schicht, direkt auf der Haut, nennt sich Feinwolle – sie wird vorrangig für edle Woll-Erzeugnisse genutzt, 
  • die zweite Schicht besteht aus gröberer Übergangswolle, 
  • die dritte Schicht ganz außen besteht aus dem festen Deckhaar. 

Die drei Schichten seiner Wolle machen das Yakrind unempfindlich gegen extreme Kälte. Farblich reicht die Palette des Fells von hellem Grau über dunkles Braun bis zu tiefem Schwarz, wobei Rückenfell und Haare um das Maul herum meist heller sind. Pro Jahr gewinnen die Yak-Hirten über den aufwändigen Kämm- und Scherprozess weltweit rund 10.000 Tonnen Yakwolle. Die feine Wolle, die für die Produktion hochwertiger Bekleidungsstücke und Wohnaccessoires verwendet wird, stammt häufig aus der Mongolei und China (Tibet) oder Nepal. 

6. Kamelwolle

Kamel ist nicht gleich Kamel. Dromedare sind beispielsweise einhöckrige Kamele, die hauptsächlich in Afrika und Vorderasien leben, deren Wolle relativ grob ist und kaum für Kleidung eingesetzt wird. Die feine, hochwertige Kamelwolle, welche zu luxuriöser Kleidung verarbeitet wird, stammt jedoch vom zweihöckrigen Kamel, dem sogenannten Trampeltier, welches vor allem in der Mongolei und dem Westen Chinas lebt, also in Regionen mit sehr rauem Klima. Daher hält diese Wolle auch so einiges aus und gilt wie die Alpakawolle als unverwüstlich. 

Zur Kamelwollgewinnung werden die Kamele mit Schere oder Schermaschine geschoren. Der Vorgang ist leichter als bei der „Kaschmirernte“, und der Ertrag ist höher. Auch Kamele werden je nach dem Grad der Lockerung der Wolle geschoren und auch zu verschiedenen Zeitpunkten. Manchmal kann ein Wollpaket auch einfach dem Tier von Hand abgenommen werden. Kamelwolle gibt es in zwei Qualitäten: 

  • Einmal als feine Wolle aus dem Bereich der Höcker, von Bauch und Rücken. Diese ist für verschiedene Textilerzeugnisse sehr gut geeignet.
  • Zweitens in Form grober, langer „Rosshaare“; sie wachsen auf der Höckerspitze, an den Knien und vom Kinn den Hals entlang bis zu Brust. Dieses Material wird zur Herstellung von Seilen und Schnüren sowie auch von festen, kräftigen Garnen und Zwirnen verwendet. 
Die Fellfärbung des baktrischen Kamels variiert von sandgrau bis dunkelbraun, am längsten sind die Haare am Nacken und an der Kehle. Während des Winters ist ihr Fell außerordentlich dick und lang, doch bei steigenden Temperaturen kann es schnell abgestoßen werden. Der Höhepunkt des Haarwechsels fällt i.d.R. auf den Juli, wobei die Tiere oft einen verwahrlosten Eindruck machen. Foto © F. Greif, Mai 2016. 

Ihre ursprüngliche Verwendung fand die Kamelwolle im Polosport. In den 1920er Jahren stieg die Wolle dann zum Hauptmaterial für Uniformen von Studenten an den Elite-Unis an der Ostküste der Vereinigten Staaten auf, die ihre Eleganz „nicht zu förmlich“ anlegen wollten. Auch in den 1980ern erfuhr das Kamelhaar noch einmal einen Boom, als möglichst alles – vom Mantel bis zur Decke – aus Kamelhaar bestehen musste. Und ganz besonders beliebt ist das Haar von Babykamelen. Es wird als „baby hair“ bezeichnet, ist hellblond und übertrifft die Weichheit des Haarkleides erwachsener Kamele noch um ein Vielfaches. Die über 400.000 zweihöckrigen „baktrischen“ Kamele oder Trampeltiere der Mongolei sind von der Wüste Gobi bis zum hohen Altai verbreitet. Ihr Haar und ihre Wolle schützen hervorragend vor Kälte und können auch bis zu 40% Feuchtigkeit anreichern. 

Für Bekleidung wird nur die feinere Unterwolle aussortiert und zu Jacken, Ponchos oder Pullover verarbeitet. Die Bereiche Knie, Hals und Höcker bleiben ausgenommen. Wolle vom gröberen Deckfell wird gerne für hochwertige Decken eingesetzt. 

Für die Nutzung von Kamelwolle bestehen unzählige Möglichkeiten, sie zu verarbeiten und die Produktpalette von Kamelhaarerzeugnissen ist groß. Besonders beliebt sind  Decken und Plaids, oder auch Topper für Matratzen, um eine zu harte Matratze etwas weicher zu machen. Auch in Kissen kommt die edle Faser gerne zum Einsatz. Desgleichen gibt es äußerst bequeme Kleidung aus Kamelwolle. Besonders gerne kommt die Faser in Pullovern oder Strickjacken zum Einsatz, wobei allerdings Modestücke aus Kamelhaar für Damen eher eine Seltenheit sind, denn die Faser wird vorwiegend für Männerkleidung verwendet. Kreative Kunden können auch einfach Kamelwolle kaufen und mit dem Garn daraus eigene Strick- und Häkelideen umsetzen.  

Freilich wird auch dieses Material – wohl nicht zuletzt wegen der beschränkten Mengen, die verfügbar sind – oftmals mit anderen Wollsorten (zum Beispiel mit Schafwolle) vermischt, sodass sich ein Materialmix ergibt. Dieser ist natürlich immer preislich günstiger, allerdings auch weniger hochwertig. 

7. Schafwolle

Über 30 Millionen Schafe weiden in der mongolischen Steppe und im Gebirge. Dank des rauen Klimas besitzt auch ihre Wolle hervorragende Eigenschaften bei der Thermoregulation. Schafwolle besitzt alle erforderlichen Eigenschaften für die Herstellung der verschiedensten Wollerzeugnisse. Besonders geeignet ist sie jedoch für die Herstellung von Filz und Teppichen.   

Die Nomaden leben seit Jahrtausenden im rauen Klima der Mongolei in Jurten oder (mongolisch) Gers. Das weist auf den hohen Spezialisierungsgrad der mongolischen Filzherstellung hin, für die heimische Schafwolle verwendet wird, um die Rundzelte zu decken. Doch auch viele alltägliche Accessoires und Heimtextilien sowie Schuhe und Bekleidung werden aus Filz hergestellt, wobei zwischen handgefertigten und solchen aus maschineller Erzeugung zu unterscheiden ist. Mongolen sind stolz darauf, dass ihr Filz höchstwertige Eigenschaften in Festigkeit, Wärmisolierung, beim Schutz vor Kälte oder einfach auch der Erhaltung der Körpertemperatur des Kleidungsträgers besitzt. 

Und letztlich sind auch geknüpfte Wollteppiche untrennbar mit dem mongolischenNomadentum verbunden. Der älteste bekannte Teppich der Welt wurde 1947 in der Altai- Region gefunden, er wird „Pazyryk/Gorny-Altai“ genannt und befindet sich in der Eremitage in St. Peterburg. Maschinell produzierte mongolische Wollteppiche bestehen aus reiner natürlicher Schafwolle. Über 2000 Muster und Kollektionen werden jedes Jahr weiterentwickelt, die Stile „Natur“, „Modern“ oder „Klassik“ sind verbreitet und zahlreiche weitere Designs sind möglich. Bei Knüpfteppichen liegt die Feinheit – je nach Muster, Dichte und Dicke der Stücke – zwischen 2.200 und 10.000 Knoten je Quadratdezimeter. 

8. Anmerkungen zum Thema „Wollgewinnung und Tierwohl“ 

Die Tierhaltung ist mit Abstand der wichtigste Zweig der Nomadenwirtschaft in der Mongolei, und das seit Jahrtausenden. Seine Zuchttiere zu schätzen, auch zu lieben und richtig mit ihnen umzugehen, gilt als ein tief eingeprägter Wesenszug der nomadischen Seele. Kein Nomade in der Mongolei sieht in seinen Zuchttieren zuerst die Quelle von Einnahmen und wirtschaftlichem Gewinn, sie sind vielmehr die Grundlage seines Nomadendaseins. Denn ohne Tiere sind schlichtweg die nomadische Lebensart, ihre Traditionen und die nomadische Kultur überhaupt undenkbar. Freilich streben auch die Nomaden seit jeher nach mehr Zuchttieren, um leichter über schwierige Zeiten (etwa lange Winter) zu kommen, oder auch um wirtschaftlich zu wachsen. In der Gegenwart allerdings ist unter dem Credo weltweit möglichst offener Märkte eine „Landwirtschaft der Steppe“ gegenüber agrarischer Modernisierung in anderen, vielleicht sogar naturräumlich begünstigten Weltgegenden im Nachteil, doch mehr wohl ohne Zweifel auf den Märkten, wo vorwiegend gewinnorientierte und groß dimensionierte Konkurrenten ihre Marktmacht ausspielen; dies gilt selbstverständlich auch für den Woll- und speziell für den Kaschmirsektor, mit vielerlei Auswirkungen auf das Image dieses Wirtschaftszweigs auch in der Mongolei.  

Nun haben in den letzten Jahren die Vorwürfe von Tierschutzorganisationen gegenüber nomadischen (und anderen) Erzeugern von ausgekämmten Wollarten sehr stark zugenommen. Wir stehen nicht an, zu erkennen, dass es sicherlich auch in der Mongolei genug Verstöße gegen die artgerechte und dem Tierwohl entsprechende Haltung und Behandlung von tierischen Wolllieferanten gibt, und jeder einzelne ist einer zuviel. Dazu ist grundsätzlich zu sagen, dass hinsichtlich der Rechtsmaterie der Tierhaltung in der Mongolei deren Bedingungen wie auch Tierwohl und Tierschutz gesetzlich geregelt sind, desgleichen auch Angelegenheiten der Veterinärmedizin. Bis zur Wende 1990 (und auch späterhin) wurde der Großteil der mongolischen Tierärzte an Hochschulen der DDR ausgebildet. Durch ein einschlägiges Strafrecht sind auch die Tatbestände der Tierquälerei und Misshandlung, der Wilderei sowie des Tierdiebstahls oder Tierraubs ausführlich erfasst und sanktioniert. 

Auf die immer wieder und zahlreicher erscheinenden Berichte über grobe bis grausame Behandlung von Tieren soll noch eingegangen werden. Natürlich ist die Forderung, dass derartigen Praktiken auf der ganzen Welt so schnell wie nur möglich Einhalt geboten werden muss, voll und ganz gerechtfertigt. Doch es darf dabei nicht zu einer Verzerrung der Tatsachen oder zu einer falschen Zuschreibung von Vorkommnissen führen, die nach unserer Kenntnis der Sachlage mongolische Wollproduzenten – und unter diesen besonders Kaschmirproduzenten – vielfach zu Unrecht trifft. 

Eine der asiatischen Hauptregionen der Kaschmirgewinnung ist die Innere Mongolei, ein Autonomes Gebiet der VR China. Tierhaltung und Kämmarbeiten nach dortiger Arbeitweise sind mit den Techniken mongolischer Nomaden nicht vergleichbar. Einen großen Teil der Kaschmirziegen züchten und halten Chinesen nicht tiergerecht auf den Weiden, sondern hofnah bzw. in Stallungen. Die Tiere werden oft unmittelbar nach der Wollgewinnung geschlachtet und verzehrt. Eine solche Vorgangsweise wäre von der mongolischen Nomadengesellschaft geächtet. 

Umwelt- und Tierschutzorganisationen sind freilich nicht in der Lage, in Ländern wie China Aufmerksamkeit erregende Aktionen durchzuführen, wohl aber in Ländern mit gesetzlich garantiertem Demonstrationsrecht. Wenn nun Aktionen z.B. von „PETA ASIA“3 Fälle von Tierleid anprangern und ungerechtfertigt mongolischen Viehzüchtern zuweisen, mitunter auch Halbwahrheiten oder Fehlinformationen per Fake-Videos verbreiten – es mag sogar sein, in guter Absicht – und damit zum Verzicht aller Kaschmirprodukte aufrufen, dann leiden darunter in erster Linie die mongolischen Wollerzeuger mit ihrer schwachen Marktmacht. In letzter Zeit entwickeln mongolische Firmen das Ziel, nicht nur nach China, sondern auch in andere Länder zu exportieren und versuchen dabei, die Zusammenarbeit in einem Erzeugerring zu erreichen. Wenn aber der Name des mongolischen Kaschmirs einen schlechten Ruf bekommt, fällt der Preis, und die Aktionen nützen ausschließlich dem einzigen verbleibenden Importeur, nämlich China, das den Kaschmirmarkt gerne als alleiniges Monopol beherrschen will. 

Bedenklich ist die Sachlage bei der schon genannten „Babykamelwolle“, über welche von Tierschutzgruppen die Information verbreitet wird, diese werde von den Jungtieren in tierquälerischer Art „nach ihrer Geburt“ gewonnen. Das ist eine Falschinformation. Denn nach dem Wurf des Jungtiers, bzw. im ersten Lebensjahr des Kamelbaby’s kann von diesem keine Wolle gewonnen werden, denn das Fell des Tiers ist derart fest mit der Haut verbunden, dass ein Lösen unmöglich ist – und es sind seine Haare auch extrem kurz. Erst im Frühjahr nach seinem ersten Lebensjahr verliert das so junge Kamel seine erste Wolle. Das ist dann die sogenannte „Babykamelwolle“,  die besonders fein und in der Faser dünner ist, als vom erwachsenen Kamel. Der allererste Fellwechsel, bei dem sich die Wolle des Kamelbaby’s von selber lockert, ergibt das, was die Mongolen „Wolle des Torom“ nennen. 

Meiner Meinung nach werden heute die großen Probleme der Naturwollwirtschaft durch das Zusammenwirken umweltschädlicher Kunststoffe, synthetischer Textilien, den Baumwollanbau, enormen Druck auf die Erzeugerpreise, soziale Missstände aller Art, Massenproduktionen, die die Wegwerfmentalität fördern, oder Warenüberangebote in Europa und Nordamerika hervorgerufen. Die Zahlen der Textilindustrie zeigen, dass Kaschmirprodukte lediglich 1 bis 2% der Textilindustrie auf der Welt ausmachen, dennoch ist gerade dieses Segment ein bevorzugtes Ziel des Aktionismus für Umwelt- und Tierschutz. Als Händler spüre ich in letzten Jahren immer stärker das zunehmend negative Image der Kaschmirprodukte. Der Umsatz mongolischer Erzeugnisse leidet sehr darunter, ja es sollte gerechterweise gar nicht die Mongolei treffen. Dennoch werden wir versuchen, unserer „nachhaltigen Linie“ bei Herkunft und Vertrieb naturnah und tiergerecht erzeugter und ausschließlich natürlich nachgewachsener Produkte treu zu bleiben.  

9. Quellen 

Amtliche Statistiken der Republik Mongolei und Österreichs (offizielle Zahlen), sowie auch Datenmaterial der Handels- und Wirtschaftskammern.

Webseite www.mahogany-cashmere.de

Mongolian Wool&Cashmere Association: Datenmaterial auf der Webseite http://www.mongoltextile.mn/news/statistic/en 

Statistiken der Mongolei auf den Webseite https://1212.тn 

Weitere Webseiten:

https://de.statista.com/themen/4056/textil-und-bekleidungseinzelhandel-in-oesterreich/ 

https://www.textilzeitung.at/business/detail/statistik-austria-mode

www.unbaa.atWebseite des Autors mit Informationen sowie insbesondere auch zahlreichen Bildbelegen von Produkten. 

Anm.: Dieser Fachbeitrag wurde sprachlich redigiert von Franz Greif, Präs. der ÖMG.

Unenbaatar Sugar, Jahrgang 1978, absolvierte Studien aus Wirtschaftsgeographie, Unternehmensführung und Tourismus an mongolischen Universitäten und studiert weiter in Österreich. Nach seiner Tätigkeit als Assistent (Sozialgeographie an der MNU Ulaanbaatar) war er Personal- und Senior Manager an mongolischen Banken (Zoos B., Trade Devolopment B.) sowie in den Konzernen der MSC Group und von APU. Seit mehr als 10 Jahren verfolgt er das Ziel, als Unternehmer mongolische Naturprodukte zu propagieren, da er in der Vermarktung erstklassiger Naturtextilien seiner Heimat – vornehmlich in Europa – die Chance sieht, zur Wirtschafts-entwicklung seines Landes beizutragen und zugleich einen umweltpolitischen Beitrag zu leisten. Seit 2016 ist er nunmehr mit eigener Firma und großem Engagement dabei, mit dem Vertrieb mongolischer Spitzenprodukte auch mehr Wissen um ihre Herkunft und kulturelle Bedeutung zu verbreiten.

Interessenten mögen sich um weitere Auskünfte an ihn und seine Firma „Nachhaltige-Naturtextilien“ – Unbaa EPU – wenden, in 1130 Wien, Hietzinger Kai 183/7, und zwar telefonisch unter 069911122264, oder per eMail unter unbaa@gmx.at. Informationen vermittelt auch die Webseite www.unbaa.at.

  1. Die genauen Zahlen für 2018 betragen 10.444 t, davon 5.287 t als gewaschen und 630 t gekämmt und sortiert. []
  2. Quelle der angeführten Daten ist die Mongolian Wool&Cashmere Association bzw. deren Webseite []
  3. „People for the Ethical Treatment of Animals“ ist der Name einer weltweit in zahlreichen Ländern vertretenen und aktiven Tierschutz- und Tierwohlorganisation. []